055 #effinger #datenwalk
Mit weitere Rückblicke zum Effinger's Jubiläum, eine Reise durch Coworking Spaces und urbane Räume auf der Suche nach Unabhängigkeit, Gemeinschaft und Handwerk - Analog so wie Digital.
Wenn man den Hauptbahnhof als Trennlinie zwischen Ost und West, Altstadt und Neu betrachtet, können wir sehr einfach die Entwicklungen am Stadtperipherie überschauen. Geografie-Interessierte könnten argumentieren, dass was tatsächlich näher am zentralen Mittelpunkt der Stadt liegt, ist das Schnittpunkt der historischen Zentren Bümpliz, Bremgarten und Muri. Dort ist zum Beispiel die spannende Lage des Warmbächliareals, der aufkeimenden Genossenschaftsentwicklung im Westen von Bern, wo viel spannendes beginnt, und wo meine Veränkerung in Berns Stadtsentwicklung hat begonnen.
Ich habe das Bild oben mit dem GeoAdmin-Werkzeug von Swisstopo gemacht. Es zeigt die ungefähre geographische Zentrum, eine Kreis berührt die Extreme der Gemeinde Bern. Laut Google ist das nächstgelegene Unternehmen zu diesem Punkt der petit mais chic Koiffeuresalon. Falls die mal diesen Blog lesen: Sie wissen jetzt, was Sie ihre Kunden über den Standort sagen könnten. Und vielleicht mögen wir geosuisse fragen, ob wir mal die Rechnung für eine Plakette zu begleichen bekommen.
3.3 km östlich von unserem Zentrum und nur ein Katzensprung westlich des Bahnhofs liegt Effinger, der Coworking Space, den ich mit Ideen aus dem Brache gefüllt und motiviert habe, in einer lockeren und strukturierten Gemeinschaft von Freelancern an sinnvollen Projekten zu arbeiten. Ich schloss mich den Powercoders, Filmografen, Illustratoren, Geschichtenerzählern, Philosophen und so weiter an. Die schnell wachsende Community feiert gerade ihr drittes Besiedlungsjahr in der Effingerstraße 10 mit neongrünen und ockergelben Flecken in einem Meer erdiger Töne (mehr dazu gibt es hier zu lesen).
Screenshots von einem Datenspaziergang rund um die Nachbarschaft während des Jubiläums.
Der festliche Anlass brachte viele Dinge auf den Punkt. Dankbare Reden bestätigten die kommunalen Beziehungen in diesem städtischen Dorf. Wir begrüßten zuversichtlich neue Mitglieder und bekräftigten unsere Absicht, hier zu bleiben. Diese Nische der hippen, nachhaltigen und sprudelnden Berner Szene zu entwickeln. Um deutlich zu machen, dass das nächste Kapitel von Effinger "Means Business". Und das auch Daten und Fakten von der Stadtsentwicklung rundum uns interessieren. Wie die Zahlen der Bevölkerungsbestand der Statistik Stadt Bern beweisen, erlebt die Stadt heute seit 1998 konstantes Wachstum, und soll bald die 150'000 Marke der 1950er übertreffen - bevor es in die folgende Jahrzenten zum deutlichen (~15%) Rückgang gekommen ist.
Als ich vor zwei Jahren dem Projekt mit dem Ziel betreten habe, um ein Labor für digitale Existenz zu bauen - das wir heute einfach "Labor" oder vielleicht auch #labor nennen - öffnete ein weiterer Coworking Space lautstark seine Türen: der Impact Hub Bern. Motiviert durch Effinger, verbunden und konkurrierend, bin ich zwischen den beiden eingeklemmt geblieben. Mein Verein Opendata.ch ist im Effinger und in den Impact Hubs zu Hause, wo aktuelles über der Sustainable Development Goals und Circular Design Thinking Workshops regelmäßig von Gruppen durchgeführt werden, die vom technischen Fortschritt und sozialen Mix profitieren.
Corporate Social Responsibility und Software-as-a-Service sind hier keineswegs zu kurz gekommen. Im Gegenteil, Effinger wird von Mitarbeitern namhafter privater und öffentlicher Unternehmen frequentiert, die über das Projekt VillageOffice freien Zugang zum Raum haben. Große und kleine Institutionen sind Ehrengäste und beschäftigen oft die Dienste von Community-Mitgliedern. Ein Veranstaltungsprogramm wie unsere Brownbags spricht anspruchsvolle Interessen an. Ein weiterer Verein, der mir sehr am Herzen liegt - Echtzeit Digitale Kultur eV - injiziert hypertechnischen Surrealismus auf einen unregelmäßigen Zeitplan von Demonights.
Ich würde jedoch sagen, dass Fortschritte einer stärker individualisierten Art bei Effinger stärker berücksichtigt werden. Die Gemeinschaft ist sachlich und gelassen, konstruktive Moderation hat Vorrang vor Störungen oder Experimenten. Lokale Gruppen und Wohltätigkeitsorganisationen sind besonders willkommen. Fremde werden mit Interesse begrüßt und eingeladen, ihre Weisheit und ihre weltlichen Werte zu teilen. Das System von Rollen und Verantwortlichkeiten in "Circles" ist ein Experiment der sozialen Dynamik. Wir nehmen unsere Zeit unter π² ernst - auch wenn die Realisierung des Projekts ohne die Grossen, die etablierter Organisationen, bisher nicht möglich gewesen wäre.
Der Glaube an die Nähe des Menschen als moralisches Gut ist in der Tat das Ergebnis einer tiefen Verwerfung, die der Kapitalismus und der weltliche Glaube im letzten Jahrhundert verursacht haben. ..... ein verborgener Wunsch nach Stabilität in dem offensichtlichen Wunsch nach Nähe zwischen den Menschen.
― Richard Sennett, The Fall of Public Man (Goodreads)
Apropos Geschäft, was ist mit dem Plan? Die Gründer des Coffeeshops, die ihre Business School Masterclass zur Erstellung des ersten Raumkonzepts einsetzten, profitierten von Netzwerkeffekten und der Cross-Promotion des Coworking Space, um ihren Kundenkreis zu erweitern und zu filtern. Das geht natürlich in die beide Richtungen. Das erkennbare und einladende Café hat sich gut bewährt, um fleißige Besucher in die Innenräume zu führen. Beide Projekte haben sich gut entwickelt, die Erwartungen übertroffen und sind inzwischen auf viele Wachstumsschwierigkeiten gestossen. Der Transparency ist unterstützt, unter anderem indem die finances oder andere Erkenntnisse über den weitere Fortschritt des Projekts aufbewahrt sind.
Frisch in der Freelancing welt, beschäftigt sich Raphael im Lounge, lese auch seine Blogpost hier.
Während nur wenige es wagen zu sagen, was die Zukunft bringt, gibt es wie bei allen menschlichen Bemühungen die erwartete Abwanderung. Die Leute kommen, altern, gehen, kommen vielleicht wieder. Das Gebäude - im Besitz eines lokalen Immobilienentwicklers - altert sich mehrfach langsamer. Es hat schon viele Phasen und Projekte erlebt - als Standort des ersten InterDiscount-Shops, eines Matratzenladens, sogar einen (angeblich) kurzen Aufenthalt als Theatersaal. Es kann das Coworking durchaus überdauern, zumindest in dieser Form auch. Ein unbequemer Gedanke, bis man bedenkt, dass diese Gemeinschaft viel mehr ist als ein gemietetes Gebäude.
Wenn man sieht, wie tief und stark die Wurzeln von Effinger nach unten reichen, im Gegensatz zu den Besatzern auf der von der Polizei 2017 ausgeblasenen Block, stellt man fest, dass dieses Projekt vielleicht einiges älter und klüger ist, als es die gestrigen Feierlichkeiten zulassen. Aber in gewisser Weise ist es genauso radikal. Verbunden mit den fortschrittlichen libertären Idealen der freien Pfarreien von Bern, gegründet von jungen Absolventen der Universitäten der Stadt, unterstützt von parteiübergreifenden politischen Bewegungen, die sich in der Lücke der verwirrten Linken bilden. Der Raum repräsentiert Ideale und Visionen einer sehr pragmatischen und sensiblen Kerngruppe, die sich nun langsam von ihrer Entstehung entfernt und neue Ansätze für intelligente Solidarität fördert. Es ist das Co-Working, mit einer gewissen Twist.
Wo bin ich nun? Durch sieben Jahre freiberufliche Tätigkeit habe ich Welten in Welten gesehen. Ich bin ideenreich und möchte meine Erfahrungen in den aufgeladenen, dynamischen neuen Themen des urbanen Wandels einbringen, die durch neue Formen des Datenaustauschs und partizipative Formen beflügelt werden. Alle diese Räume und Stadtteile und Communitys, an denen ich im Laufe der Jahre gearbeitet habe, haben mich mit Bewusstsein und Interesse an der sich ändernden Dynamik von Nutzung und Besitz durchdrungen. In den Städten wurde ein neues Gewebe für Handel, Handwerk und Handel geschaffen. Die menschliche Natur ebbt und fliesst. Veränderung ist Konflikt. Durch Veränderungen halten wir uns am Leben, reagieren, bewusst und gewissenhaft, stark für die anstehenden Herausforderungen.
Abschliessend will ich noch erwähnen, dass wir meiner Meinung nach vor allem darauf bedacht sind, den Zweifeln und Frustrationen der anderen ein offenes Ohr zu schenken, Bindungen aufzubauen und bei der Umsetzung von Ideen zusammenzuarbeiten. Professionell sein, auch wenn es um ehrenamtliches Engagement geht. Niemals vergessen, eine Pause einzulegen, die Musik zu hören, das Leben um uns herum, das die Sorgen und Sorgen des Tages auflöst.
Auf die weitere dreissig Jahre dieses wunderbaren städtischen Dorfes! Für eine aufschlussreichere Lektüre empfehle ich sehr eine Lektüre der Effinger-Gründung und -Prinzipien sowie der lebendigen Stimmen unseres Blogs. Für noch mehr Einblick - kommt vorbei, sag Hallo, mach eine Tour, bleib für den Tag!
Ursprünglich geposted in Englisch auf blog.datalets.ch/055/
“Lefebvre .. argues that the lived time experienced in and through nature has gradually disappeared. Time is no longer something that is visible and inscribed within space. It has been replaced by measuring instruments, clocks, which are separate from natural and social space. .. Lefebvre describes this changing nature of time in terms of metaphor. In pre-modern societies lived time is encrypted into space as in a tree-trunk, and like a tree-trunk shows the mark of those years that it has taken to grow. While in modern societies time is absorbed into the city such that lived time is invisible or reduced to its methods of measurement. Lived time ‘has been murdered by society’ (Lefebvre 1991: 96).”
― John Urry (via Goodreads)